Main »
News
07.02.07 Von der Kobrinka zu Kobrin
Der Schlossplatz und die Suworow-Straße sind historische Gepräge von Kobrin — dieses gemütlichen, kompakten Städtchens 50 Kilometer von Brest entfernt. Die Kobriner Butter- und Käsefabrik ist die “Perle” der hiesigen Industrie. Das erste in Belarus Kinderdorf ist in dieser Stadt. Ein anziehendes Touristenobjekt — eine private Straußenfarm — liegt nicht weit vom Kreiszentrum…
Zwei Sterne, zwei traurige Geschichten…
Die erste Erwähnung von Kobrin stammt aus dem Jahre 1287. In der Ipatyew-Chronik steht geschrieben, dass der Fürst Wladimir seiner Frau eine ganze Stadt geschenkt hat. Laut Überlieferung nimmt Kobrin seinen Anfang von einer Fischersiedlung am Fluss Kobrinka (Historiker haben bisher nicht bestimmt, ob die Stadt zu Ehren des Flusses oder umgekehrt genannt wurde), die in den XI.–XII. Jahrhunderten erschienen ist. 1999 wurden nicht weit vom Schloss Ausgrabungen durchgeführt: die Kulturschicht ist mehr als ein Meter tief, und die gefundene Keramik gehört zu den X.–XI. Jahrhunderten! Hiesige Heimatkundler hoffen, schriftliche Zeugnisse davon zu finden, dass die Stadt viel älter ist, als man heute meint.
Durch eine Führung des Schicksals wurde zur berühmtesten Persönlichkeit, die mit Kobrin verbunden ist, der russische Feldherr Alexander Suworow. In der Stadt gibt es die Suworow-Straße, das Suworow-Museum und ein Hotel, das mit dem Namen des russischen Feldherrn genannt wurde. Somit ist es für Zugereiste sündhaft, hier zu sein und Suworow nicht zu berühren.
…Im Jahre 1975, als Katharina II. Alexander Suworow für die Niederwerfung des Aufstandes unter Leitung von Tadeusz Kosciuszko zusammen mit dem Feldmarschallstab das Landgut Kobrinskij Klütsch (Kobriner Schlüssel) “zum ewigen erblichen Besitz” geschenkt hat, hatte die Stadt nicht die schönste Zeit. Wegen Kriege und Epidemien wurde Kobrin zu einem kleinen verarmten Städtchen und verlor das Magdeburger Recht (die Selbstverwaltung). Zwar war der neue Grundbesitz des Feldmarschalls der Fläche nach größer als seine Stammgüter. Das freute sehr.
Suworow wohnte in Kobrin ab und zu — 1797 und 1800. Nach den Schweizerischen und Italienischen Feldzügen kam er hierher schon als Generalissimus, doch krank und hilflos.
Hiesige Kleinbürger hatten Suworow nicht geliebt. Er versuchte, die Bürger zu knechten, doch sie empörten sich und schickten an Paul I. eine Bittschrift. Der russische Selbstherrscher wies Suworow hin, seine Pläne aufzugeben, und schenkte ihm noch einige Häuser, darunter auch das Haus, wo jetzt das militärhistorische Museum untergebracht ist.
Vieles erinnert hier an Suworow. Neben dem Museum liegt das Kulturhaus, an dessen Platz früher die Peter- und Paul-Kirche stand. Im Jahre 1800 war der Feldherr hier beim Gottesdienst. Doch seine Gebete konnten ihn von einer Todeskrankheit und der Ungnade von Paul I. nach der Ankunft in Petersburg nicht retten, wo der Feldherr bald starb. Zum 100. Jahrestag des Todes von Suworow beschloss man, die alte hölzerne Kirche zum Friedhof zu verlegen und an deren Platz eine neue, steinerne Kirche zu errichten. Doch bei der Erfüllung dieser Pläne störte der Krieg. Später baute man hier ein Kulturhaus, und die hölzerne Kirche, die ehrgeizige Verehrer des russischen Generalissimus, einige Kriege und den Atheismus überlebt hat, steht bis jetzt auf dem Friedhof. Jetzt ist es ein Baudenkmal.
An Suworow erinnert sich auch der Schlossplatz. Zu jener Zeit blieben noch die Reste des altertümlichen Schlosses. Doch der Besitzer von Kobrin befahl sie abzutragen, zwar nicht alles ist gelungen: Suworow fuhr nach Petersburg. Zum Jahre 1812 vermochten es Napoleons Truppen sogar, sich in den Burgruinen zu befestigen. In den 40er Jahren des XIX. Jahrhunderts, als eine bewegliche Brücke durch den Muchawez gebaut wurde, wurden die Reste des Schlosses endgültig dem Erdboden gleichgemacht. Die Schlossgegend wurde lange Schlossplatz genannt, dann wurde es zum Komsomolskaja-Platz, danach — zum Platz zu Ehren des 700-jährigen Jubiläum von Kobrin. Und vor einigen Jahren wurde ihm sein historischer Name erteilt und er wird heute wiederum Samkowaja-Platz (Schlossplatz) genannt.
Neben dem Platz liegen zwei architektonische und historische Perlen von Kobrin: das Gebäude des Adelsgerichts (heute das Standesamtsgebäude) und die Alexander-Newskij-Kathedrale, die zu Ehren der in den Schlachten gegen Napoleon gestorbenen russischen Krieger errichtet wurde.
Neben der Kathedrale steht ein Denkmal, eine eigenartige Visitenkarte des alten Kobrins. Es erschien zum hundertjährigen Jubiläum des ersten Sieges der russischen Waffe über die Truppen Napoleons (die Stadt wurde während der Kämpfe beinahe dem Erdboden gleichgemacht: von 630 Häuser wurden 548 verbrannt). Zuerst stand auf dem Postament ein Doppeladler, der den Kranz mit dem Buchstaben "N" in der Mitte zerfetzt, was den Sieg Russlands über Napoleon symbolisierte. Doch nach einigen Jahren, während des ersten Weltkrieges, nahmen die Deutschen den Adler und zwei Seitengedenktafeln ab. Dann erschien auf dem Postament… die Büste von Tadeusz Kosciuszko, die bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts da stand. Danach wurde Kosciuszko abgenommen und aufs Postament wurde ein Bronzeadler mit ausgebreiteten Schwingen aufgestellt. Das war schon nicht der kaiserliche Doppeladler, und im Schnabel hatte er einen Lorbeerkranz. So sient das Denkmal auch heute aus…
…Übrigens, in der Geschichte von Kobrin verflechten sich erstaunlicherweise zwei Schicksale — von Alexander Suworow und Tadeusz Kosciuszko. Der Führer des nationalen Befreiungsaufstandes des Jahres 1794, der nationale Held Polens und der USA, der Ehrenbürger Frankreichs, wurde im Kobriner Landkreis — einige Dutzend Kilometer von Kobrin entfernt — in einer Familie der Kobriner Schlachta geboren. Bei Divin, nicht weit von Kobrin, waren die Vortrupps von Kosciuszko von der Armee Suworows geschlagen. Etwas später, auf Befehl von Katharina II., wurde Kosciuszko in die Peter- und Paul-Festung eingesperrt. Und Suworow wurde für die Zerschlagung der Aufständischen im Dienstgrad erhöht und erhielt Kobrin…
More news
21.10.2010
In die zukunft — mit Selbtbesinnung der Vergangenheit
17.05.2010
Über der Brücke, die Kardius gebaut hat
26.01.2010
Stil der Epoche
28.05.2009
Renaissance im Gucci-Stil
13.03.2009
Die Sieben Wunder der Region
19.01.2009
Die Gigantenfabrik erhöht ihren Ausstoß
19.08.2008
Sich erholen und eine Kur durchmachen? Bitte!
17.06.2008
Im slawischen Jagdstil
13.02.2008
Neue Eintrge in die alten Annalen
07.07.2007
In den nördlichen Breiten
15.05.2007
Geheime Zauberei von Ivan Kirtschuk
26.03.2007
Ein Treffen mit dem Wildtier
11.12.2006
Weihnachten - Neujahr
30.10.2006
Richard Gschwantl: “Fischbänke des Marktes Komarowka sind reicher als in Hamburg”
05.09.2006
Zum Wohl seiner Nächsten
28.08.2006
Überlegungen zum Thema
15.08.2006
Ihren Pass, bitte!
07.08.2006
Eröffnung mit der Krönung
06.06.2006
Schnecke für Französen
04.08.1178
Tschernobyl. 25 Jahre nach der Tragödie oder was uns die Geschichte lehrt
|